Grundannahmen des Projektes
Vertrauen bedeutet, dass man in der Zusammenarbeit mit einem anderen Akteur Risiken eingeht, aber gleichzeitig annimmt, dass der andere sich fair bzw. wie erwartet oder verein-bart verhalten wird. Diese Haltung ist für vielfältige Prozesse in Organisationen von Bedeutung, z.B. für die erfolgreiche Zusammenarbeit in Arbeitsgruppen (vgl. Büssing u.a. 1999), bei der Gestaltung von Lernprozessen (vgl. Schweer 1998) und beim Aufbau neuer Beziehungen innerhalb und zwischen Organisationen (vgl. Das u.a.1998). Ferner erfordert das Tempo des Wandels der modernen Arbeitswelt ein hohes Maß an Flexibilität und Innovationsfähigkeit, die ebenfalls maßgeblich von Vertrauensstrukturen beeinflusst werden (vgl. Krause 2004). Die Förderung vertikaler (hierarchieübergreifender) und horizontaler Vertrauenskulturen (z.B. Vertrauen innerhalb von Arbeitsgruppen) ist somit eine Kernaufgabe aller Managementebenen und neben technischen und organisatorischen Vorausset-zungen maßgeblich für das Gelingen nachhaltiger, inkrementeller Prozessverbesserungen. Durch inkrementelle Verbesserungen können in arbeitsteiligen Produktionsprozessen Innovationspotentiale von erheblichem Ausmaß realisiert werden. Mit Fehlern und Abweichungen im Arbeitsprozess innovativ und konstruktiv umzugehen, ist eine wesentliche Voraussetzung, um langfristig erfolgreich Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können. Eine kommunikativ geprägte Vertrauenskultur im Unternehmen unterstützt die Möglichkeit, Arbeitsbedingungen menschengerechter und ressourcenschonender zu gestalten.
Zielsetzungen des Projektes
Die Förderung von Lern-und Vertrauenskulturen in Unternehmen ist eine Kernaufgabe aller Managementebenen und neben den technischen und organisatorischen Voraussetzungen maßgeblich für das Gelingen nachhaltiger Prozessverbesserungen. Das Projekt hatte sich zum Ziel gesetzt hierzu sowohl auf theoretischer als auch empirisch experimenteller Ebene neue Lösungen zu entwickeln und zu erproben. Es sollten die Elemente und Strukturen moderner Prozessorganisation im Produktionssystem identifiziert werden, die zu einer nachhaltigen Vertrauens- und Fehlerkultur beitragen. Die zu entwickelnden Maßnahmen und Instrumente sollten dazu beitragen, eine Lern-und Vertrauens-kultur im Unternehmen aufzubauen und zu fördern, in der ein angstfreier und konstruktiver Umgang mit Fehlern zum systematischen, prozessualen Bestandteil des Produktionssystems wird. Zielgruppen des Projektes waren natürlich die Beschäftigten selbst und Führungskräfte, soweit sie mit der Produktionsplanung, Prozesssteuerung und Qualitätssicherung in der Fertigung befasst waren.
Zusammenfassung
- Regelmäßige Kommunikationsroutinen sind der Schlüssel: „Man kommt dann raus aus der Sitzung und sagt sich: So jetzt passiert was. Und die Leute kommen raus, gehen an ihren Arbeitsplatz, sagen sich: Da habe ich schon wieder was gefunden, eine Idee oder Sonstiges.“
- Auch andere Abteilungen wollen einbezogen werden: „Hindernisse sind die Leute im Büro, die nicht dahinter stehen.“
- Ohne Unterstützung der Vorgesetzten geht es nicht: „Was wir selber gemacht haben – das war gut. Bloß, wenn wir Unterstützung haben wollten vom Meister, von der Betriebsleitung… – war ja gar nicht da. Alles was Geld kostet, haben die kategorisch abgelehnt.“
- Vertrauen will erarbeitet und gepflegt werden: “Seit dem wir das haben, ist das Klima besser geworden. Durch die Sitzungen finde ich, dass endlich mal etwas passiert.“
Regelmäßige Feedback-Runden und Kommunikationsroutinen erlauben kurzzyklische Innovationen und verbessern das Vertrauen.
Im Projekt wurden theoretisch fundierte, übertragbare Methoden entwickelt und erprobt, die kurzzyklische Innovationen und Vertrauensbildung in Produktionsprozessen fördern. Hierzu zählen Konzepte für regelmäßiges Feedback sowie Kommunikationsroutinen am Arbeitsplatz. Grundannahme des Projektes ist, dass Abweichungen und Fehler in den Produktionsabläufen als Innovationschance begriffen und entsprechend genutzt werden müssen. Dazu ist ein kontinuierlicher Soll-Ist-Abgleich der Abläufe unerlässlich. Eine regelmäßige Beschäftigung mit Abweichungen und Fehlern kann zu einer höheren Umsetzungsrate von Verbesserungsmaßnahmen führen und deren Qualität deutlich steigern. Gleichzeitig wirkt die regelmäßige Kommunikation vertrauensförderlich.
Im Zentrum der eingesetzten Instrumente stehen regelmäßige Kommunikationsroutinen. Grundlage ist hier die Annahme, dass Probleme bei der Arbeit besonders in regelmäßigen und strukturierten Besprechungen lösungsorientiert diskutiert werden können. Dazu wurden in zwei Pilotbereichen Kommunikationsroutinen eingerichtet, die zunächst wöchentlich stattfanden. Die Struktur dieser Besprechungen bestand aus der Vergegenwärtigung von Soll-Abläufen anhand graphischer Modelle, der Präsentation der aktuellen Ist-Abläufe und der Ableitung von Maßnahmen zur Behebung möglicher Abweichungen. Diese wurden anschließend in Form von kleineren Experimenten direkt umgesetzt, um die Ergebnisse in der nächsten Besprechung diskutieren zu können. Die Definition von klaren Zielsetzungen für Soll-Abläufe durch die Führungskräfte ist hier wichtig.
Eine Voraussetzung für das Gelingen und die Verstetigung der genannten Kommunikationsroutinen ist gegenseitiges Vertrauen. Vertrauen bedeutet im Kontext des Projektes, dass man in der Zusammenarbeit Risiken eingeht, aber gleichzeitig annimmt, dass der andere sich fair bzw. wie erwartet oder vereinbart verhält. Ohne diese Voraussetzung ist kontinuierliche Prozessinnovation nicht möglich.
Die Ausprägung der genutzten Methoden ist stark abhängig von den Gegebenheiten innerhalb des Unternehmens. Im Rahmen einer ersten Intervention wurden innerhalb eines Pilotbereiches wöchentliche Treffen mit allen Mitarbeitern der Abteilung in einem Gruppenraum initiiert. Dort wurden Ideen der Mitarbeiter besprochen, Ziele für die kommende Woche festgelegt und auf einem Whiteboard notiert. Zusätzlich wurden auf ausgedruckten Prozessmodellen Probleme und Verbesserungsvorschläge vermerkt. Der Vorarbeiter übernahm innerhalb dieser Besprechungen die Rolle des Moderators und leitete die Sitzungen an. Zur Vorbereitung erhielt er vor Projektbeginn eine Schulung. Im Pilotbereich eines weiteren Unternehmens wurden die wöchentlichen Besprechungen direkt an den Arbeitsplätzen durchgeführt und die Dokumentation unmittelbar vor Ort auf kleinen Whiteboards vorgenommen. Auch hier waren Modelle der Soll-Abläufe verfügbar.
1. Vertrauensfeedback Regelmäßiges Feedback über die aktuelle Befindlichkeit der einzelnen Mitarbeiter ermöglichte es, frühzeitig auf Unstimmigkeiten zu reagieren. In einem Pilotbereich hat sich hierfür eine ausgehängte Tabelle mit verschiedenen Fragen zum Thema Vertrauen als hilfreich erwiesen. Dort konnten die Mitarbeiter ihre Ansichten hinterlassen und während der Kommunikationsroutinen wurden die Ergebnisse erörtert und Maßnahmen abgeleitet. Klar ist, dass für den Einsatz dieser Methode ein Mindestmaß an Vertrauen bestehen muss.
2. Soll-Ist-Abgleich anhand grafischer Darstellungen von Prozessen Zum Abgleich von Ist- und Soll-Zuständen haben sich grafische Prozessmodelle als hilfreich erwiesen, da sie einen schnellen Überblick über den gesamten Produktionsprozess ermöglichen. So lassen sich Effekte von Modifikationen leichter erkennen und ermöglichen kurzzyklisches Experimentieren im Prozess.
3. Elektronische Fehlerrückmeldung direkt am Arbeitsplatz Insbesondere bei Abweichungen, die nicht direkt vor Ort gelöst werden können, ist wichtig, sie festzuhalten und ggf. direkt an die zuständige Abteilung weiterzuleiten. Eine Möglichkeit bietet ein webbasiertes System, in das Nutzer Abweichungen oder Fehler eingeben können. Zusätzlich können Sie den aktuellen Bearbeitungsstand abrufen. So lassen sich nicht nur Probleme erfassen, sondern auch Rückmeldungen weiterleiten. Dadurch sind die Mitarbeiter stets über den aktuellen Bearbeitungsstand informiert und erhalten Feedback auch bei Themen, die im Rahmen der Kommunikationsroutinen nicht behandelt werden können. Zu Beginn empfiehlt es sich, eine Kommunikationsroutine in einem Bereich zu pilotieren. Schrittweise kann dann auf die erprobten Methoden zurückgegriffen werden. Wichtig ist, diese im Praxiseinsatz zu erproben und unternehmensspezifischen Besonderheiten anzupassen. Auch danach ist eine regelmäßige Reflexion im Rahmen der Kommunikationsroutine unerlässlich.
Den Ergebnisbericht können Sie hier herunterladen.
- Büssing, A. & B roome, P. (1999): Vertrauen unter Telearbeit. In: Zeitschrift für Arbeits – und Organisationspsychologie, 43, S. 122 – 133.
- Das, T. K. & Teng, B. (199 8): Between trust and control: Developing confidence in partner cooperation in alliances. In: Academy of Management Review, 23, S. 491 – 512.
- Krause, D. E. (2004) : Macht und Vertrauen in Innovationsprozessen. Dissertation Technische Universität Berlin, Wiesbaden: Deutscher Universitäts – Verlag/GWV Fachverlage GmbH.
- Schweer, M. K. W. (1998): Vertrauen. In : D. H. Rost (Hrsg.): Handwörterbuch Pädagog ische Psychologie . Weinheim: Beltz , S. 552 – 555.